05. Januar 2017
„Niederösterreich wird im kommenden Jahr erstmals die Schallmauer der 600.000 unselbständig Beschäftigten durchbrechen“, so die gute Nachricht zum Arbeitsmarkt 2017 vom Landesgeschäftsführer des AMS Niederösterreich, Mag. Karl Fakler. Gleichzeitig wird allerdings die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich mit einem voraussichtlichen Plus von 6,7% auf jahresdurchschnittlich 64.000 Personen weiter steigen. Ein neuerlicher Anstieg des Arbeitskräftepotenzials und gedämpftes Wirtschaftswachstum sind die Ursachen für diese Entwicklung.
Der Zenit des Wirtschaftswachstums mit einer voraussichtlichen BIP-Veränderung von etwa 1,6% bis 1,7% wurde im Jahr 2016 überschritten. „Die Prognosen der Wirtschaftsforscher sagen uns, dass in den kommenden Jahren das Wachstum nicht wesentlich über 1% hinausgehen wird“, erklärt AMS NÖ-Chef Mag. Karl Fakler. Im kommenden Jahr ist mit einem realen BIP-Zuwachs von 1,2% (Synthesis Institut) bis maximal 1,5% (WIFO) zu rechnen, 2018 sogar mit nur 0,6%.
Seit dem Jahr 2012 verzeichnet Österreich eine anhaltende Wirtschaftswachstumsschwäche, wobei das Jahr 2016 mit einem Wachstum von rund 1,6% noch das Beste dieser fünf Jahre war. Dennoch fragen die Unternehmen verstärkt nach Fachkräften nach. An einer steigenden Zahl an Stellenmeldung beim AMS war dieser Trend bereits heuer ablesbar. „Dem Arbeitsmarkt steht ein tiefgreifender Wandel bevor. Die Digitalisierung wird die Anforderung an Arbeitskräften sowohl bei Facharbeiter als auch im Dienstleistungsbereich neu definieren. Es werden bisherige Arbeitsplätze wegfallen und zugleich neue entstehen“, so der Landesgeschäftsführer.
Plus 11.300 zusätzliche Arbeitskräfte am NÖ Arbeitsmarkt:
Die verstärkte Nachfrage der Wirtschaft trifft auf zusätzliches Arbeitskräftepotenzial, das 2017 am niederösterreichischen Arbeitsmarkt nach passenden Jobangeboten suchen wird. Das AMS Niederösterreich geht davon aus, dass sich der gesamte Pool an Arbeitskräften, die dem niederösterreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, im kommenden Jahr auf insgesamt 668.300 Personen erweitern wird. Gegenüber 2016 bedeutet das eine Steigerung um 1,7% oder 11.300 zusätzliche Arbeitskräfte.
Dieses Plus speist sich mehrheitlich aus der Liberalisierung des Arbeitsmarktes. Rund 60% des zusätzlichen Arbeitskräftepotenzials kommen aus den Ländern der EU, vor allem aus Ungarn und Rumänien. Ein knappes Drittel sind Österreicher, die nach der Familienpause wieder Anschluss ans Berufsleben suchen oder – Stichwort späterer oder erschwerter Pensionsantritt – länger arbeiten wollen bzw. müssen.
Die verbleibenden gut 10% des zusätzlichen Arbeitskräftepotentials setzen sich aus Jobsuchenden aus Drittstaaten, unter ihnen Asylberechtigte, zusammen. Im Jahresdurchschnitt 2016 sind 2.500 Asylberechtigte am NÖ Arbeitsmarkt aufgetreten, fast doppelt so viele wie im Jahr davor. „Im Jahr 2017 wird sich dieser Anstieg mit einem Plus von etwa 2.000 Konventionsflüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten eher abflachen“, so die Schätzung des AMS NÖ-Chefs.
Daraus ergibt sich folgende voraussichtliche Entwicklung im Jahr 2017:
o) Neues Rekordhoch bei den unselbständig Beschäftigten:
Der NÖ Arbeitsmarkt wird im kommenden Jahr ein historisches Rekordhoch von voraussichtlich knapp 604.000 unselbständig Beschäftigten im Jahresdurchschnitt verzeichnen. „Damit hat sich der Beschäftigtenstand in Niederösterreich seit 1996 um 100.000 Personen erhöht“, freut sich Mag. Karl Fakler über diese beachtliche Leistung.
Gegenüber 2016 wird die Zahl der unselbständig Beschäftigten im kommenden Jahr um 1,2% oder plus 6.900 Personen im Jahresdurchschnitt zunehmen. Zieht man Bezieher von Kinderbetreuungsgeld und Präsenzdiener ab, so werden in Niederösterreich im kommenden Jahr voraussichtlich 587.900 Personen aktiv beschäftigt sein. Mehr als jede/r Zweite aus dem zusätzlichen Arbeitskräftepotenzial wird im kommenden Jahr einen Arbeitsplatz – Voll- oder Teilzeit – finden. „Das Angebot an Fachkräften steigt aber stärker als die Nachfrage der Unternehmen“, weiß Mag. Fakler. Damit werden mehr Personen arbeitslos sein.
o) Plus 4.000 Jobsuchende: 64.000 im Jahresschnitt 2017:
Das AMS Niederösterreich rechnet im Jahr 2017 mit rund 64.000 arbeitslosen Personen im Jahresdurchschnitt. Das sind rund 4.000 oder 6,7% mehr als im Jahr davor. Vor allem Personen mit ausländischer Staatsbürgerschaft werden von Arbeitslosigkeit betroffen sein. Österreichweit betrachtet wird die Zahl der Arbeitslosen in der Osthälfte (Wien, Niederösterreich und Burgenland) im kommenden Jahr stärker steigen (+7,6%) als der „Rest“ von Österreich (+3,0%%).
o) 2017: Voraussichtlich 9,7% Arbeitslosenquote:
Die niederösterreichische Arbeitslosenquote wird um 0,5%-Punkte ansteigen und damit im kommenden Jahr 9,7% betragen. Niederösterreich wird hier etwa im Bundestrend (9,5%) liegen.
ARBEITSMARKTBILANZ FÜR 2016:
„Der niederösterreichische Arbeitsmarkt hat sich 2016 besser entwickelt als ursprünglich gedacht“, so der Landesgeschäftsführers Mag. Karl Fakler. Eine vergleichsweise belebte Konjunktur stützte die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften und sorgte für neue Beschäftigungsrekorde in Niederösterreich. Die Zahl der Arbeitslosen nahm zwar weiter zu, aber mit einem Plus von voraussichtlich „nur“ 2,4% bei weitem nicht so stark wie im Jahr 2015 (9,2%). Gewinner am niederösterreichischen Arbeitsmarkt waren 2016 junge Menschen im Alter bis 25. Zu den Verlierern gehörten Personen ohne Ausbildung, mit gesundheitlichen Einschränkungen und Migrationshintergrund sowie – zusehends – auch Frauen. „In Mistelbach scheint die Zahl der Arbeitslosen annähernd gleich zu bleiben, so halten wir derzeit bei 0,1% Steigerung zum Vorjahr“, freut sich die Leiterin des AMS Mistelbach Marianne Bauer.
Die Steuerreform war ein wesentlicher Faktor, um den privaten Konsum und damit die Konjunktur in Österreich etwas anzukurbeln. „Das Jahr 2016 wird mit einem voraussichtlichen Plus von 1,6 bis 1,7% ein vergleichsweise dynamisches Wirtschaftswachstum vorweisen können“, so der Landesgeschäftsführer. Die Jahre davor sowie der Blick in Richtung 2020 waren bzw. werden mit einem realen BIP-Zuwachs von nicht mehr als 1% geprägt sein.
Die etwas belebtere Entwicklung 2016 sorgte in Niederösterreich für eine anhaltende Nachfrage nach Fachkräften. Bis Jahresende haben niederösterreichische Unternehmen 72.000 Vakanzen (Stellen und Lehrstellen) den 22 AMS-Geschäftsstellen gemeldet. Gleichzeitig waren knapp 60.500 freie Stellen und Lehrstellen mit einer passenden Arbeitskraft besetzt. Das sind um rund 3.600 mehr (Lehr-)Stellenbesetzungen als im Jahr davor! Der Zuwachs an Arbeitskräften, der in diesem Jahr am niederösterreichischen Arbeitsmarkt zur Verfügung stand, war aber deutlich stärker als die zusätzlichen Jobangebote, die die Unternehmen bereithielten. Steigende Arbeitslosigkeit war damit die Folge.
Die wichtigsten Eckpunkte für Mistelbach:
o) + 0,6% mehr Beschäftigung:
Knapp 35.597 Personen waren im Jahresdurchschnitt 2016 unselbständig beschäftigt. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein beachtliches Plus von über 196 Beschäftigten (+ 0,6%). Ein wesentlicher Treiber des gesamten Beschäftigungszuwachses sind allerdings Teilzeitjobs.
o) +0,1% mehr Arbeitslosigkeit:
Während im Jahr 2015 die Arbeitslosigkeit im Jahresdurchschnitt noch um 0,7 % gestiegen ist, fiel diese Zunahme mit einem Plus von „nur“ 0,1% auf voraussichtlich zwei Personen 2016 klar gebremst aus.
o) + 3,9% mehr Arbeitsaufnahmen:
Bis Jahresende gelang es in Mistelbach rund 3.463 Personen, aus der Arbeitslosigkeit heraus wieder eine Beschäftigung aufzunehmen. Gegenüber dem Vorjahr ist das ein Plus von 130 Personen oder 3,9%.
o) 9,1% Arbeitslosenquote:
Die Arbeitslosenquote für Niederösterreich lag 2016 wie im Jahr davor bei 9,1% und damit auch im Bundesdurchschnitt.
Gewinner am niederösterreichischen Arbeitsmarkt: Jugendliche und Lehrstellensuchende
Zu einer erfreulichen Trendumkehr am niederösterreichischen Arbeitsmarkt kam es im abgelaufenen Jahr für job- oder lehrstellensuchende Jugendliche. Das AMS Mistelbach geht davon aus, dass im Jahresdurchschnitt 2016 die Zahl der Vorgemerkten in der Altersgruppe bis 25 um 7,4% auf 328 und jene der Lehrstellensuchenden um 27,9% auf 55 stieg. „Diese Entwicklung hat zum einen demographische Ursachen und ist zum anderen auch auf unsere konsequente Arbeitsmarktpolitik zurückzuführen“, meint die Leiterin des AMS Mistelbach Marianne Bauer.
Golden Ager: mehr Beschäftigte, aber Arbeitslosigkeit steigt weiter
Besonderes Augenmerk hat das AMS Niederösterreich in diesem Jahr wieder Jobsuchenden im Alter ab 50 Jahren gewidmet. Wie im Vorjahr gehörte fast jede/r dritte arbeitslose/r Kunde/Kundin des AMS Niederösterreich der Generation 50+ an: jahresdurchschnittlich rund 954 Personen, 21% gegenüber 2015. Mehr als 658 ehemals arbeitslose Golden Ager aus Mistelbach haben im letzten Jahr den Wiedereinstieg ins Erwerbsleben geschafft, das sind um 2,2% mehr als im Jahr 2015.
Zunehmend im Abseits: Frauen
Von der steigenden Beschäftigung konnten Männer in diesem Jahr wesentlich besser profitieren als Frauen. So ist das Plus bei Männern mit 1,7% (+5.580 auf 328.400) wesentlich kräftiger ausgefallen, als das der Frauen mit 1,2% (oder +3.220 auf 268.600). Die Entwicklung in Mistelbach: Frauen +1,0% auf 1.093; Männer -0,6% auf 1.613.
Verlierer am Arbeitsmarkt: keine Ausbildung, gesundheitliche Probleme und Migrationshintergrund
Bei steigender Konkurrenz am Arbeitsmarkt haben es vor allem jene schwer, die nicht oder schlecht ausgebildet sind, wegen gesundheitlicher Probleme schwer vermittelt werden können bzw. deren Wurzeln außerhalb Österreichs sind, selbst dann, wenn sie bereits die österreichische Staatsbürgerschaft haben.
o) Fast jede/r zweite AMS-Kunde/Kundin (42%) in Niederösterreich konnte 2016 nicht mehr als einen Pflichtschulabschluss vorweisen. Der Anteil dieser Jobsuchenden an allen arbeitslosen Niederösterreicher ist im Vergleich zum Vorjahr um 2,5% gestiegen und damit mit Abstand am stärksten von allen Bundesländer (Österreich-Schnitt: -1,6%!). In Mistelbach ist die Zahl um 1,2% gestiegen.
o) Die Zahl der AMS-Kunden mit gesundheitlichen Problemen und daher eingeschränkter Vermittelbarkeit ist im Vergleich zum Vorjahr um 9,6% auf jahresdurchschnittlich knapp 14.300 Personen gestiegen.
o) Während die Zahl der erfolgreichen Arbeitsaufnahmen von „originären Inländer“ 2016 im Vergleich zum Vorjahr um 1,4% (+785 auf 56.874) stieg, hat jene von Jobsuchenden mit Migrationshintergrund abgenommen (-12 oder -0,1% auf 19.574). Bei Personen ohne Migrationshintergrund ist die Arbeitslosigkeit 2016 um nur ein 1% gestiegen, bei jenen mit Migrationshintergrund um 5,7%. Allein die Zahl der Asylberechtigten hat sich 2016 im Vergleich zu 2015 beinahe verdoppelt (+89,1% auf 2.454).
Wie sieht es zu Jahresende in Mistelbach aus:
Im Dezember 2016 waren im Bezirk Mistelbach insgesamt 3.698 Personen auf Jobsuche, davon sind 3.314 vorgemerkte Arbeitslose und 384 Schulungsteilnehmer. Dies bedeutet ein gesamtes Plus von 3,1%.
Bei den vorgemerkten Arbeitslosen ist die Zahl gegenüber dem Vorjahr um 4,2% (133 Personen) gestiegen. „Gegenüber dem Vormonat November haben wir einen Anstieg von 658 Personen, die natürlich auch mit der Saisonarbeitslosigkeit zu tun haben“, so die Leiterin des AMS Mistelbach Marianne Bauer.
Besonders stark ist der Anstieg bei den Ausländern mit 18,4% merkbar. Bei den Jugendlichen mit 4,1% und den Älteren mit 8,5% ist der Trend weiter leicht ansteigend. „Erfreulich ist die Zahl der sofort verfügbaren offenen Stellen, die sich um 40,1% gegenüber dem Vorjahr gesteigert hat“, bemerkt die Leiterin des AMS Mistelbach. „Auch bei den Akademikern können wir einen Erfolg verzeichnen. So sind gegenüber dem Vorjahr um 13,9% weniger Arbeitslose in diesem Bereich vorgemerkt. Auch gegenüber dem Vormonat können wir einen leichten Rückgang um 2,25% verzeichnen!“