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Forschungsprojekt Stadtwald: Gestern - Heute - Morgen

Sujet zur Verfügung gestellt

12. Oktober 2023

„Sich verändernde Klimaverhältnisse erfordern mutiges und entschlossenes Handeln, damit unsere Gemeinde auch in Zukunft den Bürgerinnen und Bürger eine gute Lebensqualität bieten kann.“

Das ist der Leitspruch der Klimawandelanpassungsregion Mistelbach – Wolkersdorf im Weinviertel. Zwei Städte mit einer ähnlich gelagerten Ausgangsposition bereiten sich damit auf eine Zukunft vor, in der die Wohn- und Standortqualität erhalten bleiben – oder verbessert werden – soll. Das Forschungsprojekt „Stadtwald: Gestern – Heute – Morgen“ zeigt dabei, wie Entscheidungen in der Vergangenheit und sich verändernde persönliche Lebensbedingungen Auswirkungen auf das Jetzt und Morgen haben. Und wir erkennen, wie wir bessere Entscheidungen für die Zukunft treffen können: In der Raumordnung, bei der Flächenwidmung, bei den Bestimmungen der Bauordnung und im Verkehr. Ziel ist, gemeinsam mit der Bevölkerung ein Bewusstsein für die zunehmenden Gefahren des Klimawandels zu schaffen und an Lösungen zu arbeiten.

Verkehr, Gebäudesektor und Landwirtschaft sind die Hauptverursacher nationaler Treibhausgasemissionen. Grundsätzlich sehen die nationalen und internationalen Klimaschutzziele vor, dass „bis zur Mitte des Jahrhunderts“ die Treibhausgasemissionen auf das Niveau des vorindustriellen Zeitalters reduziert werden müssen, will man das Schlimmste verhindern. Leider passiert gerade das Gegenteil, von Jahr zu Jahr wächst der Verbrauch fossiler Energie, die Ziele werden ständig verfehlt, nach dem Rückgang im Pandemiejahr 2020 kam es im Jahr 2021 in vielen Sektoren wieder zu deutlichen Emissionszuwächsen.

Eine nachhaltige Sanierung des Gebäudebestands, der österreichweit zu fast 80% aus Ein- und Zweifamilienhäusern besteht, wäre also dringend erforderlich. Doch die Realität sieht anders aus, die Sanierungsrate stagniert seit Jahren auf einem äußerst niedrigen Niveau von 1,4%. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine, der Versorgungsengpässe und stark gestiegene Energiepreise zur Folge hatte, ist zwar das Interesse an Energieberatungen und erneuerbaren Energieträgern massiv gestiegen, aber in vielen Fällen wird nur der Öl- oder Gaskessel ausgetauscht, ohne weitere Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen. Das kann, insbesondere im Falle des Einbaus einer Wärmepumpe, auch kontraproduktiv sein.

Wichtig ist deshalb die Einsicht, dass Energieeffizienz nur dann optimal wirkt, wenn gleichzeitig der Suffizienz-Ansatz berücksichtigt wird. Suffizienz steht für das Bemühen um einen möglichst geringen Ressourcen- und Energieverbrauch. Im Bauwesen ist dies beispielsweise mit dem Kreislaufwirtschaftsansatz zu erreichen, indem versucht wird die Lebens- und Nutzungsdauer durch Sanierung und Umnutzung zu verlängern.

Leerstände und untergenutzte Gebäude nehmen ebenfalls zu. Bei der Registerzählung 2011 der Statistik Austria wurden 52% der Einfamilienhäuser nur von ein bis zwei Personen bewohnt. Und rund 17% aller Einfamilienhäuser wiesen keine Hauptwohnsitzmeldung auf, was so viel heißt, dass 239.000 Eigenheime als Zweitwohnsitz genutzt wurden oder leer standen. Oft wird auch vergessen, dass wir nicht nur eine Klima- sondern auch eine Artenvielfaltskrise haben, deren Ursachen zum größten Teil auf die Zerstückelung und Verkleinerung der Lebensräume, auf Bodenversiegelung und Bodenverdichtung, auf industrielle Landwirtschaft und Abholzung zurückzuführen sind.

Ein ressourcenschonender Umgang mit Böden wäre also dringend notwendig, doch Bestandssiedlungen spielen bei Überlegungen zu nachhaltigen Stadtentwicklungen kaum eine Rolle. Wenn überhaupt, dann wird diskutiert, Einfamilienhäuser durch großvolumige Wohnbauten zu ersetzen, die erlaubte maximale Bebauung des Grundstücks bis zum äußersten auszureizen oder bestehende Baulücken „nachzuverdichten“, um neuen Wohnraum zu schaffen. Man könnte aber auch die bereits bestehenden Flächen in den Gebäuden besser nutzen, die Anzahl der in einem Einfamilienhaus lebenden Menschen wieder erhöhen, Dachgeschosse ausbauen oder Hanglagen ausnutzen. Damit könnte dasselbe Ziel erreicht und gleichzeitig das Potenzial der Ressource Garten voll ausgeschöpft werden, ohne weiteren Boden zu verdichten und zu versiegeln.

Private Gärten und öffentliche Grün- und Freiräume, bzw. die Fragen, welchen Einfluss die Gartengestaltung auf die klimatischen Bedingungen des Hauses hat, wie an den Klimawandel angepasste Freiräume der Zukunft ausschauen soll, fehlen bei nachhaltigen Sanierungsprojekten meist komplett. Der Einfluss von Wohnformen auf das Mobilitätsverhalten, soziale, gemeinschaftsbildende und -fördernde Faktoren und eine Gesamtbetrachtung der Siedlungen kommen ebenso, wenn überhaupt, nur sehr selten vor.

Und genau hier setzte „ReHABITAT-Siedlung“ an: Ziel des Forschungsprojekts war es, das Potenzial einer ganzheitlich gedachten, nachhaltigen Sanierung und Wohnraumaktivierung einer Einfamilienhaussiedlung zu erheben und zu analysieren. Und es im Anschluss im Rahmen eines Gesamtkonzepts für die ganze Siedlung zu konkretisieren und darzustellen. Dabei wurde unter einem ganzheitlichen Ansatz folgendes verstanden: die Reduktion aller Ressourcenverbräuche, die Reduktion der Wohnfläche pro Kopf, der Einbezug (halb)öffentlicher Grün- und Freiräume, die Berücksichtigung sozialer und gemeinschaftsbildende Faktoren, einer umweltschonenden Mobilität und nicht zuletzt die Erweiterung von der Einzelobjekt- auf die Siedlungsebene. Als Pilotgebiet wurde der „Obere Stadtwald“ ausgewählt. Er befindet sich im nördlichen Abschnitt der Mistelbacher Stadtwaldsiedlung. Von Oktober 2021 bis Ende September 2022 wurde hier im Rahmen des Forschungsvorhabens ReHABITAT- Siedlung das Projekt „Stadtwaldsiedlung Gestern -Heute -Morgen“ durchgeführt.

Das Ergebnis können Sie hier lesen – vielleicht finden Sie für Ihre Wohnsituation Anregungen und Ansätze zur Veränderung:
Internet: www.mistelbach.at/klar-mistelbach-wolkersdorfimweinviertel/

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