13. Juli 2023
Architekt Mag. Johannes Kraus erhielt für sein Projekt „nitsch museum in Mistelbach“ am Samstag, dem 24. Juni, bei der 15. Global Ceremony den begehrten IAI-Best Heritage and Innovation Architecture Award 2023, der im Rahmen des IAI International Design Festival in Xiamen/China verliehen wurde. Es handelt sich dabei um eine der höchsten Architektur-Auszeichnungen im Asia-Pazifik-Raum, die Entscheidung der international besetzten Jury der Asia Pacific Designer Federation war einstimmig. Für Hermann Nitsch war der Museumskomplex ein „Idealfall“.
Architekt Mag. Johannes Kraus ist aktuell in Taiwan tätig – mit ein Grund, weshalb dieser das Projekt gerade jetzt eingereicht hat: „Die Ehrung ist überraschend und es freut uns sehr, dass der asiatisch-pazifische Raum die europäische Kulturszene so beobachtet und Wert schätzt. Für die Entscheidung zur Prämierung sehe ich drei wesentliche Faktoren entscheidend: Zum einen unser sensibler Umgang mit historischer Substanz, unserem kulturellen Erbe. Wir bauen nicht nur Neues, sondern analysieren Vorhandenes und erzählen dessen Geschichte weiter. Das Historische wird bewahrt, transformiert – eine alte Industrieanlage wird in einen neuen Bedeutungskontext gesetzt. Zweitens, Neues Schaffen: Durch die intelligente architektonische Intervention, durch einen Zubau, eine Erweiterung, oder auch durch die Wegnahme entstehen Räume, die Spannung zum Bestehenden aufbauen und neue Perspektiven eröffnen. Und zuletzt: Hermann Nitsch ist international bekannt und erfährt auch in Asien eine Wertschätzung. Die ausgezeichnete Architektur in Mistelbach schafft Räume, in der sich sein künstlerisches Oeuvre optimal entfalten kann. Mit unseren Fachplanern haben wir einen unterschiedlich bespielbaren Museumskomplex entwickelt, der dem Maßstab der Kunst von Hermann Nitsch und weiteren Nutzungen gewachsen ist. Erfreulich ist, dass die pazifisch-asiatische Architekten- und Design-Szene über die Grenzen Chinas, Taiwans hinweg aller politischen Konflikte zum Trotz so gut vernetzt ist und kooperiert.“
Mag. Michael Karrer, der künstlerische Direktor des nitsch museums, freut sich über die Auszeichnung: „Das nitsch museum zählt zu den größten monografischen Museen der Republik Österreich und versteht sich als ein Ort der Kontemplation und Sinnlichkeit. Seine zeitlose Architektur ist an den Idealplan einer Klosteranlage angelehnt und umfasst Gebäudeteile, die Assoziationen wie Langhalle, Kathedrale, Seitenschiff, Krypta zulassen und um eine zentrale Piazza angeordnet sind. Mit Mag. Johannes Kraus und Mag. Michael Lawugger (archipel architekten) konnte der damalige Gründungsdirektor Prof. Wolfgang Denk und der Künstler Hermann Nitsch ein international renommiertes Architektenteam für den Museumsbau gewinnen. Die Architektur stellt den Anspruch, das Gesamtkunstwerk Hermann Nitschs zu unterstützen, tritt aber mit einer archaischen Sprache in den Hintergrund. Sie lädt die Besucherinnen und Besucher in eine zeitlose klosterhafte Museumsanlage, geschaffen für einen der wichtigsten Künstler unserer Zeit. Das nitsch museum gratuliert den beiden Architekten zu dieser international renommierten Architektur-Auszeichnung.“
Auszug aus einem Interview mit Hermann Nitsch und Mag. Johannes Kraus im Gespräch mit Nina Auinger, zwei Wochen vor der Eröffnung, im Jahr 2007:
Hermann Nitsch: „Also ich möchte sagen, dass ich eigentlich sehr glücklich bin über diesen Museumsbau oder diese Reaktivierung oder wie immer man das nennt. Ich kann es nicht oft genug sagen: es ist alles mit sehr viel Einfühlungsvermögen und mit der Rücksicht auf meine Arbeit geschehen und es ist dann trotzdem insgesamt schöne Architektur entstanden, also Architektur, die durchaus von seiner Hand und von seiner Denklinie kommt. Jetzt sage ich etwas sehr Prosaisches: Ich habe eigentlich seit frühester Jugend gelernt, meine Exponate überall unterzubringen. Also ich habe mehrfach schon in Fabriken ausgestellt – eben wegen der großen Hallen, und ich kann überall Bilder unterbringen, sogar in einer bürgerlichen Wohnung. Man muss auch bereit sein, ein Bild über ein Sofa zu hängen. Also, daher ist es mir möglich, durch die Hängung der Exponate und durch die Installationen die gegebenen Räume – Räume samt ihrer Inneneinrichtungen – umzuformen bzw. zu transformieren. Aber hier in Mistelbach ist jetzt eben ein Idealfall entstanden.“
Architektonisches Konzept des nitsch museums:
Aus einer ehemaligen Fabrikanlage für Pflüge und landwirtschaftliche Geräte entstand ein Museumskomplex in ideal-klösterlicher Anmut, das 2007 eröffnet wurde und seitdem als Museum genutzt wird. Grundidee war, die baulichen Gegebenheiten zu nutzen und mit minimalem Eingriff ein Museumszentrum zu schaffen, das den Raum in seiner ursprünglichen Kraft nicht beeinträchtigt, und dennoch ein Maximum an Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet. Eine gelungene Mischung aus Alt und Neu ist entstanden und besteht aus Foyer, großer Ausstellungshalle, Seitenhalle mit Krypta, Kapelle mit Altarraum, Piazza und Klaustrum.