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Universalkünstler Hermann Nitsch verstorben

Copyright StadtGemeinde Mistelbach: Universalkünstler Hermann Nitsch verstarb am 18. April im Alter von 83 Jahren

21. April 2022

Im Alter von 83 Jahren verstarb am Abend des Ostermontages, dem 18. April, der weltbekannte Maler und Aktionskünstler Prof. Hermann Nitsch. Kaum ein anderer Künstler galt als so umstritten, unverstanden, polarisierend, umjubelt und gefeiert. Als einer der wichtigsten Vertreter des Wiener Aktionismus hinterlässt Hermann Nitsch ein breites Werk. Zeit seines Lebens verfolgte Nitsch konsequent seine Vision eines Gesamtkunstwerkes, wo er Text, Musik, Malerei und Performance verknüpfte. Das sogenannte „Orgien-Mysterien-Theater“ galt als Höhepunkt seines Schaffens, mit seinen „Schüttbildern“ wurde er weltbekannt.

Hermann Nitsch sah sich als jemand, der das Leben feiert. „Was will ich wirklich mit meiner Arbeit? Ich will, dass das Drama zum Fest erweitert wird. Ich will das schönste Fest der Menschheit entwerfen, das keinen anderen Vorwand als das Leben selbst hat, ich will, dass wir wissen, dass wir sind, und dass der Umstand, dass wir sind, verherrlicht wird, zum heiter herzlichen Fest, denn dieses unser Sein haben wir, sonst vorerst nichts“, erklärte der Aktionskünstler 1973.

Dass Hermann Nitsch in Mistelbach ein eigenes Museum gewidmet ist, hat die StadtGemeinde in erster Linie Bürgermeister a.D. Studienrat Ing. Christian Resch zu verdanken. Er war seinerzeit maßgeblich dafür verantwortlich, dass das ehemalige Heger-Areal zu einem musealen Komplex umfunktioniert wurde, wo heute neben dem MAMUZ Museum Mistelbach unter anderem auch das nitsch museum untergebracht ist. „Nitsch hat Österreichs Kunstszene nachhaltig geprägt und wird im nitsch museum Mistelbach ewig weiterleben. Er war eine polarisierende, tiefgründige, vielfältige und unglabulich starke Künstlerpersönlichkeit von weltweiter Bedeutung. Mein Mitgefühl gilt seiner Gattin Rita und seiner Familie", kondoliert Mistelbachs Bürgermeister Erich Stubenvoll. 

Über Hermann Nitsch:
Hermann Nitsch wurde am 29. August 1938 in Wien geboren, seine Kindheit war von den Wirren des Zweiten Weltkrieges geprägt: Sein Vater fiel im Krieg und Nitsch wuchs bei seiner Mutter auf. Nach dem Krieg lernte er an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien und war ab 1957 im Technischen Museum Wien als Graphiker tätig. 1960 entstanden seine ersten Schüttbilder und Anfang der 1960er Jahre entwickelte er seine Vision des Orgien-Mysterien-Theaters: Unter Einbeziehung aller Kunstformen und Sinne und durch eine schrittweise Steigerung und Reizung sollte der Höhepunkt, die Erkenntnis des Lebensprozess, erreicht werden. Seine Arbeit war stark von der griechischen Tragödie beeinflusst und handelte von Tod, Leiden und Auferstehung, die er als Mitbegründer des Wiener Aktionismus als reale Geschehnisse, oftmals mit Blut, Eingeweiden und Tierkadavern, inszenierte. Hermann Nitsch war mit seinen blutigen Opferritualen in Kombination mit religiösen Elementen bald vielen Tierschützern, Theologen und Vertretern der öffentlichen Moral ein Dorn im Auge. Nach mehreren Inhaftierungen und aufgrund der anhaltenden Anfeindungen lebte der umstrittene Aktionskünstler lange Zeit im Ausland, wo er mit seinem Orgien-Mysterien-Theater in den 1960er und 70er Jahren in den USA und in Deutschland große Erfolge feierte. Er verfolgte seine Vision des Gesamtkunstwerkes konsequent weiter, blieb seinen Idealen und seiner Kunst treu und zog Anfang der 1970er Jahre nach Österreich zurück, wo er das niederösterreichische Schloss Prinzendorf erwarb. Im Schloss Prinzendorf fand Nitsch seinen künstlerischen wie persönlichen Lebensmittelpunkt und es wurden zahlreiche Aktionen des Orgien-Mysterien-Theaters dort aufgeführt, als Höhepunkt galt 1998 das „6-Tage-Spiel“. Die Musik war für volle sechs Tage durchkomponiert und die Aktion fand in allen Räumen, Kellern und Gärten des Schlosses statt. Einen weiteren großen Triumph bildete die Aufführung der 122. Malaktion im Wiener Burgtheater. Bis ins hohe Alter blieb Prof. Hermann Nitsch aktiv und führte mehr als 140 Aktionen auf. Und bis zuletzt ließen seine Inszenierungen Kritiker und Tierschützer auf die Barrikaden steigen. Es folgten neben Anfeindungen und stetem Medienrummel auch große Auszeichnungen des heimischen Künstlers, u.a. 1984 der Österreichische Kunstpreis für bildende Kunst und 2005 der Große Österreichische Staatspreis für bildende Kunst.

Mit Hermann Nitsch verliert Niederösterreich einen außergewöhnlichen Künstler, der wie kein anderer die öffentliche Meinung spaltete und die nationale und internationale Kunstwelt revolutionierte. Bereits zu Lebzeiten wurden ihm zwei Museen gewidmet, in Neapel und in seiner Weinviertler Heimat in Mistelbach. Das nitsch museum wurde dort 2007 eröffnet und zählt zu den größten monografischen Museen der Republik Österreich, wo das einzigartige Werk des Künstlers gezeigt, erforscht und bewahrt wird. „Es ist im Sinne des Künstlers, dass sein Werk in die nächsten Generationen getragen wird, und das nitsch museum wird diese Aufgabe mit großem Engagement und entsprechender Verantwortung für Hermann Nitsch erfüllen“, betont Michael Karrer, künstlerischer Leiter des nitsch museums. Neben der Malerei spielte auch Musik eine wichtige Rolle in Nitsch Leben. 2017 präsentierte er bei der Jubiläumsfeier im nitsch museum beispielsweise eine selbstkomponierte Sinfonie. 2021 begleitete der Universalkünstler die Bayreuther Festspiele mit einer konzertanten Version von Richard Wagners „Die Walküre“. In der aktuellen Ausstellung „Hermann Nitsch – BAYREUTH WALKÜRE“ im nitsch museum kann noch bis 27. November ein großer Teil der entstandenen Bayreuther Werke bestaunt werden. Ein Film der Ausstellung präsentiert die vollständige vierstündige Malaktion von Bayreuth und lässt die Klangbilder und Farbräusche des Universalgenies noch einmal lebendig werden.

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