29. Juni 2023
Die „Bunte Bühne Mistelbach“ feiert im Sommer im Schlössl ihren 100. Geburtstag. Mit der großen Multi-Media-Ausstellung „Best of Bunte Bühne“ und dem grandiosen Stück „Wie im Himmel!“
Das erste Präsent zum Jahrhundert-Jubiläum hat die Bunte Bühne bereits bekommen: „Das Theater in der Josefstadt hat uns zu unserem 100. Geburtstag seine exzellente Bühnenfassung des Film-Klassikers ,Wie im Himmel‘ geschenkt“, sagt Katrin Kuba, Obfrau der Bunte Bühne, „was uns eine große Ehre und Freude ist.“ Die Proben unter der renommierten Regie von Elisabeth Heller laufen schon, am Freitag, dem 23. Juni, geht die Premiere im Hof des Barockschlössls über die Bühne. Gespielt wird auch am Samstag, dem 24. und Sonntag, dem 25. Juni, sowie am ersten Juli-Wochenende. Die Karten für das „Jahrhundert-Theater“ gibt’s ab sofort im Bürgerbüro der StadtGemeinde Mistelbach sowie online unter http://karten.mistelbach.at.
Das gesamte Schlössl wird rund um die Theater-Vorstellungen zur riesige Multi-Media-Ausstellung „Best of Bunte Bühne“. Fotos, Filme, Kostüme, Dokumente aus den stolzen 100 Jahren von 1923 bis 2023 dokumentieren die so spannende wie unterhaltsame Geschichte der ältesten noch bestehenden Arbeiterbühne des Landes. „Die Geschichte der Bunte Bühne ist so vielfältig wie ihr Repertoire“, sagt Andreas Kuba, der die Schau gestaltet, „unser Laientheater spiegelt ja auch ein Jahrhundert Zeitgeschichte – zwischen Drama und Komödie. Das ehrwürdige Schlössl wird für ein paar Wochen zur einladenden Kulisse für die Stücke und Schauspieler der Bühne von 1923 bis heute.“ Die Multi-Media-Ausstellung kann selbstverständlich auch vor und nach den Abendvorstellungen besucht werden, und das natürlich kostenfrei. Einzelne Darsteller werden auch ganz persönliche Führungen anbieten, bei denen sie beim gemeinsamen Flanieren durch die Ausstellung zum Beispiel ihre Lieblingsrollen zeigen und die Besucher mit ihren Anekdoten und Geschichten unterhalten werden. „Feiern Sie also mit uns den 100. Geburtstag unserer Bühne“, sagt Katrin Kuba, „und schauen Sie sich die Ausstellung an, Sie werden begeistert sein!“
Wie alles begann: Mit 5.000 Festgästen
„Der Theater- und Gesangsverein ‚Arbeiterbühne‘ enthüllte am Sonntag, dem 1. Juli 1923, seine herrliche, kunstvoll gestickte Fahne!“ Darauf stand das Motto des neu gegründeten Theaters: „Frei im Denken, frei im Gesang, frei in der Kunst ein Leben lang!“ Der „Volksbote“ berichtete von der ausgelassenen Feier mit Theater, Varietè und Tanz. „Um 9 Uhr vormittags war Empfang der mit den Frühzügen einlangenden Festgäste. Der Festzug formierte sich am Ostbahnhof. An der Spitze fuhren die Arbeiterradfahrer von Stadlau, Haugsdorf, Laa und Mistelbach mit ihren geschmückten Rädern, daran reihten sich die Mädchen und Knaben der Kinderfreunde, je eine Kompagnie des Republikanischen Schutzbundes Wien-Ost und Stadlau mit ihrer Musikkapelle, der Gesangverein ,Flugrad‘ von Stadlau. Den Schluß des aus mehr als 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bestehenden Zuges bildete das organisierte Proletariat Mistelbachs.“
100 Jahre. Hunderte Stücke. Tausende Vorstellungen:
Fast 100 Jahre, hunderte Stücke und tausende Vorstellungen später ist der Theaterverein, der heute Bunte Bühne heißt, noch immer quicklebendig und gilt somit als älteste noch bestehende Laienbühne des Landes. Wie kreativ und professionell die „alte Dame“ ist, haben gerade auch die beiden letzten Stücke gezeigt: Im Sommer 2019, noch vor Corona, inszenierte Regisseur Stephan Witzlinger den „Jedermann“ ganz neu, der Klassiker von Hugo von Hofmannsthal wurde als Weltpremiere erstmals von drei Jedermann-Darstellern gleichzeitig bestritten, darunter zum ersten Mal auch eine „Jedefrau“. Der Erfolg war überwältigend: Alle Vorstellungen und Zusatzvorstellungen auf der Piazza des nitsch museums waren ausverkauft, mehr als 1.500 Besucherinnen und Besucher verfolgten das Stück, das in den vermeintlich goldenen Zwanzigerjahren angesiedelt war. Und im vergangenen Herbst folgte dann eine ganz besondere Premiere. Mit „Weiß irgendwer, wie’s weitergeht?“ von Andreas Kuba wurde erstmals ein selbst geschriebenes Stück gezeigt. Die „witzigste Komödie, seit es Weltuntergänge gibt“ war ebenfalls restlos ausverkauft und ein großer Erfolg.
Mitspielen aus reiner Freude:
Die „Bunte Bühne“ ist in den vergangenen Jahrzehnten immer professioneller geworden, engagiert hauptberufliche Regisseure, Lichttechniker oder Maskenbildnerinnen und -bildner. Doch die Schauspielerinnen und -spieler sowie fast alle weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nach wie vor ehrenamtlich tätig und somit Dilettantinnen und Dilettanten. Also „Liebhaber einer Kunst, die sich ohne schulmäßige Ausbildung und nicht berufsmäßig damit beschäftigen“, wie es so schön auf Wikipedia definiert wird: „Als Amateur oder Laie üben sie eine Sache um ihrer selbst willen aus, also aus Interesse, Vergnügen oder Leidenschaft.“ Die Bunte Bühne bekommt – wie die allermeisten Laientheater – keine oder so gut wie keine Förderung. Und steht trotzdem oder gerade deshalb wirtschaftlich höchst solide da. „Das funktioniert, weil alle aus reiner Freude mitspielen, das einzige Honorar sind der Applaus und das Feedback des Publikums“, sagt Heinz Kuba, der Doyen der Bühne, der selbst seit 65 Jahren das Publikum begeistert.
Vom Lustspiel in die Diktatur: Die „Arbeiterbühne” wird verboten
In den ersten Jahren ihres Bestehens brachten die Schauspielerinnen und Schauspieler gleich alle paar Monate ein neues Stück auf die Bühne. Die Aufführungen fanden im großen Saal des „Hotel Rathaus“ am Hauptplatz statt. Gegeben wurden vor allem ländliche Lustspiele, das Ensemble setzte sich hauptsächlich aus Frauen und Männern der Arbeiterbewegung in Mistelbach zusammen. Mit der Machtübernahme durch das Dollfuß-Regime im Februar 1934 wurde der weitere Aufstieg der „Arbeiterbühne“ von einem Tag auf den anderen unterbrochen. Der Verein wurde vom faschistischen Ständestaat verboten, obwohl das Theaterspiel nicht einmal politisch war. Die 1938 beginnende Nazi-Diktatur verhinderte auch die nächsten Jahre jede Aufführung der „Arbeiterbühne“.
Unterhaltung nach der Not – Eintritt 1, 2 oder 3 Schilling:
Mit dem Ende des Nationalsozialismus im Mai 1945 begannen sich die Schauspielerinnen und Schauspieler nach elf Jahren Verbot langsam wieder zusammenzufinden. Die Bevölkerung wurde aufgerufen, nicht mehr benötigte Kleidung und Stoffreste für Kostüme zu spenden. Schon am 6. Februar 1946 kam es im „Hotel Rathaus“ zur ersten Aufführung in der Zweiten Republik. Während am Hauptplatz noch zahlreiche Bombenruinen standen, wurde das Lustspiel „Der Haupttreffer“ gezeigt. Die Eintrittspreise betrugen 1, 2 oder 3 Schilling. Die „Arbeiterbühne“ hieß jetzt „Bunte Bühne Mistelbach“ und produzierte zu dieser Zeit ein Stück nach dem anderen. Allein im Jahr 1946 wurden sieben verschiedene Stücke zur Aufführung gebracht. Alle Vorstellungen waren restlos ausverkauft. In der Zeit der russischen Besatzung von 1945 bis 1955 musste jedes Theaterstück vor seiner Aufführung der russischen Kommandantur zur Überprüfung und Zensur vorgelegt werden. In dieser Zeit spielte die Bunte Bühne vor allem Lust- und Singspiele oder Volksstücke wie „Der Meineidbauer“ oder „Das Weihnachtswunder am Kathreinerhof“.
„Unverhofft“. Nestroy und Raimund als neues Repertoire:
Bedingt durch den Abbruch des „Hotel Rathaus“ übersiedelte die Bunte Bühne 1958 in das neu erbaute Gebäude der Arbeiterkammer Niederösterreich. Der neue Spielort wurde – nicht ganz passend – mit dem Volksstück „Der Herrgottswinkel“ eingeweiht. Unter der Regie von Georg Stangl brachte die Bunte Bühne jetzt zunehmend anspruchsvollere Theater-Unterhaltung. So wurden ab 1963 Stücke von Johann Nepomuk Nestroy, Ferdinand Raimund, Molière oder Ludwig Anzengruber aufgeführt und auch moderne Autoren wie Fritz Hochwälder inszeniert. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Bunte Bühne zum Nestroy-Theater schlechthin. Ob in „Frühere Verhältnisse“, „Lumpazivagabundus“, „Unverhofft“ oder „Das Mädl aus der Vorstadt“, jetzt war es vor allem Heinz Kuba, der heute 85-jährige Grand Seigneur der Bunten Bühne, der jahrzehntelang als Nestroy-Darsteller brillierte. Und immer neues Publikum und neue Talente anzog. Mit ihm als neuem Obmann ab 1973 absolvierte die Schauspielgruppe auch kleinere Tourneen und gastierte auf anderen Bühnen, etwa mit „Mirandolina“ im Stadttheater Berndorf oder den „Früheren Verhältnissen“ in der bayrischen Partnerstadt Neumarkt.
Klassiker und Komödien im Sommer:
Zum 60-jährigen Jubiläum der Bunten Bühne 1983 wurde für das Sommer-Stück der Hof des örtlichen Barockschlössls als neuer zusätzlicher Spielort begründet. Dort gab und gibt es seither vielfältigste Unterhaltung: von Nestroy-Klassikern bis zu Boulevardkomödien wie „Pension Schöller“, „Boeing Boeing“ oder „Othello darf nicht platzen“. Die bisher letzten Stücke – vor Corona – waren allesamt Komödien, mit „Ladies Night“, den strippenden Arbeitslosen, als besonderem Publikumserfolg, den schon der Barbesitzer, gespielt von Heinz Kuba, im Stück angesagt hatte: „Hüllen, die fallen, füllen die Hallen!“ „Ich stehe jetzt seit 65 Jahren auf den Brettern, die die Welt bedeuten“, sagt Heinz Kuba, „habe fast 100 verschiedene Rollen gespielt, darunter 35 verschiedene Charaktere Nestroys dargestellt! Und es war immer wunderbar! Das Ensemble und das gesamte Team haben sich in all den Jahrzehnten natürlich immer wieder verändert und es sind immer wieder wunderbare Schauspieler dazugekommen, aber eines ist immer gleichgeblieben: Wir waren und sind eine große Familie. Wer bei der Bunte Bühne mitspielt oder mitarbeitet, tut dies mit größter Freude und Leidenschaft.“
Wie im Himmel:
von Kay Pollak, in der Fassung des Theaters in der Josefstadt
Inhalt:
Von seiner Karriere ausgelaugt, zieht sich der gefeierte Dirigent Daniel Daréus nach einem Zusammenbruch in die Abgeschiedenheit seines Heimatdorfes zurück. Zunächst widerstrebend, dann mit zunehmendem Engagement übernimmt er dort die Leitung des Kirchenchors und bekommt langsam wieder Freude daran, seine Leidenschaft für die Musik weiterzugeben. Das intensive, gemeinsame Musizieren lässt den Chor zu einer starken Gemeinschaft zusammenwachsen, bringt aber auch nach und nach die Sorgen, Probleme und wohlgehüteten Geheimnisse im Leben der Chormitglieder zutage. Das gefällt nicht jedem im Dorf, und Daniel, der gerade selbst zum Leben und zur Liebe zurückfindet, gerät zwischen die Fronten. Nicht nur Daniels unkonventionelle Methoden erregen Misstrauen, auch der Enthusiasmus und das neu erwachte Selbstbewusstsein der Chormitglieder passen nicht jedem, bis sich vieles in Harmonie auflöst. Berührend und beflügelnd.
Regie:
Elisabeth Heller
Ensemble:
Georg Pfleger, Iris Graf, Andreas Kuba, Doris Wimmer, Franz Mock, Martina Pürkl, Sven Werner, Josy Wanderer, Claudia Fath-Kuba, Katrin Kuba, Oliver Harrach, Heinz Kuba, Heidi Kastner, Harry Kastner u.v.m.
Vorstellungen:
im Hof des Barockschlössl Mistelbach
Freitag, 23. Juni
Samstag, 24. Juni
Sonntag, 25. Juni
Samstag, 1. Juli
Sonntag, 2. Juli
jeweils um 19.30 Uhr
Tickets:
im Bürgerservice der StadtGemeinde Mistelbach, Hauptplatz 6, 2130 Mistelbach, Tel.: 02572/2515-2130 oder online unter http://karten.mistelbach.at
Nähere Informationen:
Bunte Bühne Mistelbach
Internet: www.buntebuehne.at