20. Februar 2020
Viel wurde diskutiert, Sorgen, Wünsche und Bedenken wurden geäußert, mehrere Planvarianten präsentiert und gegeneinander abgewogen. Doch am Ende ist keine Entscheidung getroffen worden, ob und wie der neu geplante Busbahnhof nun tatsächlich umgesetzt werden soll. So kann man das Ergebnis des Bürgerbeteiligungsprozesses im Rahmen einer Informationsveranstaltung zur Verlegung der derzeitigen Busumstiegsstelle vom Hauptplatz zum Bahnhof Mistelbach zusammenfassen, die unter reger Beteiligung der Bevölkerung sowie unter Anwesenheit von Verkehrsplanern, Vertretern der ÖBB, des VOR und der ARGE Baum wie auch politischen Vertretern am Montag, dem 17. Februar, im Stadtsaal von Mistelbach stattgefunden hat. Während sich die StadtGemeinde Mistelbach nach zahlreichen, vorab stattgefundenen Besprechungen sowie nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss für die Variante zwischen Arbeiterkammer und Bahnhofsgebäude in Form von sogenannten Haifischzähnen entschied, wurde seitens Bürgermeister a.D. RegR. Alfred Weidlich und Gemeinderätin a.D. Martina Pürkl eine überparteiliche Plattform gegründet und eine Petition zum Erhalt der Bäume gestartet, da bei dieser Variante zumindest sechs der vorhandenen Linden dem neuen Busbahnhof weichen müssten. Bevor es endgültig zur Umsetzung gehen sollte, lud die StadtGemeinde Mistelbach daher Mitte Februar zur Informationsveranstaltung, um auch die Meinung der Bevölkerung zu erfahren. Und die war ziemlich eindeutig, keine Variante mit Haifischzähnen. Es geht also wieder zurück zum Anfang, die Agenda wurde von der Tagesordnung des Stadt- und Gemeinderates genommen und wird nach der konstituierenden Sitzung neu diskutiert.
Grund der Planung:
Die Gründe für die Verlegung der Busumstiegsstelle vom Hauptplatz zum Bahnhof Mistelbach gehen weiter zurück. Schon in der Ära von Bürgermeister a.D. Dr. Alfred Pohl entschied sich die StadtGemeinde Mistelbach dazu, den Hauptplatz durch unzählige Maßnahmen zu verbessern und damit dem Herzen der Stadt – vor allem durch mehr Grün – ein neues Erscheinungsbild zu verpassen, in dem man sich dort wohl fühlt, verweilt und gerne einkauft.
Eine unmittelbar damit verbundene Voraussetzung ist/war die Verlegung der derzeitigen Busumstiegsstelle mit teilweise bis zu zwölf Bussen gleichzeitig vom Hauptplatz zum Bahnhof, um Platz für Umgestaltungsmaßnahmen zu schaffen. So entschied sich die Kommune dazu, im Frühjahr 2018 Planungen bzw. Machbarkeitsstudien beim Verkehrsplanungsbüro PIRO-Plan für einen neuen Personennahverkehrsknotenpunkt beim Bahnhof in Auftrag zu geben (nachdem vorab andere Varianten beim Conrad Hötzendorf-Platz, beim sogenannten „Jandlparkplatz“ und der Parkgasse vom Tisch waren), um das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln für Pendler attraktiver zu gestalten, ein planbares Umsteigen zwischen Bus (VOR-Busse oder Wieselbusse) und Bahn zu ermöglichen und damit verbunden Wartezeiten zu verkürzen. Eine entsprechende Beschlussfassung mit einer groben Kostenschätzung erfolgte in der Sitzung des Mistelbacher Gemeinderates im Dezember 2018.
Für die Kommune ist die Verlegung der Busumsteigestelle vom jetzigen Standort am Hauptplatz zum Bahnhof außerdem eine einmalige Chance, die sich ansonsten erst wieder in zehn Jahren bieten würde. Denn der Fahrplan wird nur alle zehn Jahre vom VOR EU-weit neu ausgeschrieben, sprich der im Herbst 2020 startende Fahrplan mit vielen Verbesserungen für die Ortsgemeinden gilt dann bis etwa 2030.
Natürlich verändern sich auch die Rahmenbedingungen im Lauf der Jahre, das bedeutet, auch bei der Ausschreibung gelten neue VOR-Richtlinien, die bei der Umsetzung eines neuen Busbahnhofes zu berücksichtigen sind, wie etwa Platz für E-Busse, ein einheitliches Erscheinungsbild, Barrierefreiheit, WLAN, übersichtliche Anzeigen und vieles mehr. Nach Abwägung aller verkehrs- und umwelttechnischen Aspekte entschied man sich für die Variante zwischen Arbeiterkammer und Bahnhofsgebäude in Form von schräg zum Gehsteig (sogenannte Haifischzähne) parkenden Bussen, wo neun Busse Platz haben.
Eine Variante, die viele Vorteile bringt, aber nicht die baumschonendste Variante ist, denn dadurch müsste ein großer Teil der nördlich bestehenden und jahrzehntealten Linden gefällt werden, um ausreichend Platz für die Umbauarbeiten zu schaffen. Eine Maßnahme, die Bürgermeister a.D. RegR. Alfred Weidlich und Gemeinderätin a.D. Martina Pürkl dazu veranlasste eine Petition zum Erhalt der Bäume zu starten, mit dem Ziel, diese Variante nochmal zu überdenken. 797 Unterschriften wurden gesammelt und an Bürgermeister Christian Balon, MSc übergeben.
Drei unterschiedliche Varianten vorgestellt:
Präsentiert wurden bei der Informationsveranstaltung in Summe alle drei Varianten, mit all ihren Vor- und Nachteilen. Ziel ist es, einen zentralen Personennahverkehrsknotenpunkt am Bahnhof für VOR-Busse, Wieselbusse, Park & Ride-Anlage, zentralem Taxistandort, Dauerparkplätzen für PKWs, Rail & Drive-Standort, Radparkplätzen und einen Radweglückenschluss inkl. Schnellbahnanbindung zu schaffen.
Variante 1:
Busbahnhof in der Bahnstraße im Bereich der Arbeiterkammer mit sogenannten Haifischzähnen. „Diese wäre aus unserer Sicht „state of the art“, eine Bushaltestelle, wie man sie heute baut, da Busse knapp bis zum Gehsteig zufahren können und es einfach zum Ein- und Aussteigen wäre. Außerdem wäre es dadurch möglich, die Busse so nah wie möglich an das Bahnhofsgebäude zu bringen, um den Busbahnhof auch kompakt zu gestalten“, betonte Baumeister Dipl.-Ing. Norman Pigisch vom Verkehrsplanungsbüro PIRO-Plan. Durch das Schrägparken der Busse kann Platz gespart werden und die Parkplätze würden erhalten bleiben. Nachteil: ein großer Teil der Bäume (etwa sechs bis sieben Bäume) müssten gefällt werden. In diesem Fall würde die StadtGemeinde südlich der Bahnstraße außerdem einen Rückstaukanal errichten, der bei Starkregen das vom Hüttendorfer Weg anfallende Regenwasser aufnehmen kann, um dann gedrosselt in den Hauptkanal eingeleitet zu werden.
Variante 2:
Ein bestandsnaher Busbahnhof vor und nach dem Bahnhof mit herkömmlichen, parallelen Bussteigen. Dadurch zieht sich die Anlage in die Länge. Diese Variante würde den Verlust von rund zehn Parkplätzen der bestehenden Park & Ride-Anlage im Westen sowie zehn weiteren Parkplätzen bei der bestehenden Parkfläche zwischen Imbissbude und Bahnhofsgebäude mit sich bringen und es müssten zumindest vier Bäume gefällt werden. „Bei dieser Variante könnte aber nicht garantiert werden, ob tatsächlich die anderen Bäume alle erhalten bleiben, dies würde sich erst beim Bauen zeigen, wie sehr dann auch die Wurzeln der Bäume in Mitleidenschaft gezogen werden“, so Ing. Martin Steinbauer von der ARGE Baum und ergänzt: „Generell muss man sich die Frage stellen, ob man sich für den Erhalt der bestehenden Bäume ausspricht, auch wenn diese ohnedies nur mehr eine Lebensdauer von maximal zehn bis 20 Jahren und ihre Altersgrenze bald erreicht haben, oder sich gleich auf die Pflanzung neuer Bäume konzentriert, die mit ausreichend Platz zum Gedeihen für die kommenden Generationen ausgesetzt werden!“
Variante 3 (sogenannte Variante „West“):
Busbahnhof zwischen Bahnhof und Raiffeisen-Lagerhaus. Eine Variante, wo die Gehentfernung vom äußersten Busbahnsteig zum Bahnhof länger ist, Busse teilweise über das Raiffeisen-Lagerhaus abfahren müssten, den Verlust von 30 Parkplätzen der bestehenden Park & Ride-Anlage mit sich bringt. Diese Variante schafft zehn neue Dauer- und Kurzparkplätze und „nur“ vier der bestehenden Jungbäume müssten gefällt werden.
Vorerst keine Entscheidung getroffen:
Vorerst ist also keine Entscheidung getroffen, ob und wie es mit dem Busbahnhof weitergeht. Kommt eine der anderen beiden Varianten, wird es eine völlig neue Variante geben oder ist die Verlegung der Busumstiegsstelle vom Hauptplatz zum Bahnhof (zumindest für die nächsten Jahre) überhaupt vom Tisch? Viele Fragen sind offen! Jetzt heißt es wieder, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und neu mit den Planungen zu beginnen…
Unterführung der S-Bahn-Trasse:
Ein ebenso im Rahmen der Informationsveranstaltung diskutiertes Thema war jenes einer möglichen Unterführung der S-Bahn-Trasse im Norden oder Süden der Stadt. Dazu gab es nach Beschluss im Gemeinderat schon vor mehr als 15 Jahren konkrete Pläne im Rahmen eines sogenannten vier-Stufen-Planes, bei der neben der Modernisierung des Hauptbahnhofes und der Errichtung einer S-Bahn-Haltstelle im Zentrum auch die Errichtung einer Haltestelle im Norden (auf Höhe der Dr. Körner-Siedlung) sowie einer Unterführung der Bahntrasse bei der Arbeiterkammer ins Auge gefasst wurde, letzte beiden Projekte wurden aber nie umgesetzt. Technisch möglich – jedoch mit einem enormen finanziellen und baulichen Aufwand verbunden – wäre auch eine Unterführung bei der Bahnkreuzung auf Höhe der Parkgasse, ob diese Form einer Unterführung jedoch jemals umgesetzt wird, ist sehr fraglich.
Hintergrund dieser Unterführung ist eine rasche und einfache Anbindung des sogenannten Pulverturms an die Stadt, wo es beim Einfahren von Zügen, die vor allem aus Wien bzw. dem Bahnhof kommend, oft zu minutenlangen Wartezeiten kommt, was mit den zentral über Süßenbrunn gesteuerten Schlankenschließungen zusammenhängt, aber im Ernstfall (z.B. bei einem Brand) katastrophale Auswirklungen hätte. Doch hier ist zumindest seitens der ÖBB zugesichert worden, dass dieses „Problem“ geprüft und eine technische Lösung zur Verkürzung der Wartezeiten angestrebt wird.